Ich bekomme häufig den Rat, ich solle doch lieber mit der Bahn fahren als mit dem Auto, denn dann käme man ganz entspannt am Ziel an.
Dass ich nicht der begeisterte Bahnfahrer bin, dürfte aus meinen bisherigen Posts leicht ersichtlich sein. Aber ich versuche es immer wieder mal und werde leider meist in meiner Meinung bestätigt.
Diesmal ging es um eine Urlaubsreise nach Görlitz. Ich hätte mir einen Mietwagen nehmen können, was für zwei Personen deutlich günstiger gewesen wäre als der Normalpreis mit der Bahn. Aber da wir sehr früh gebucht haben, konnten wir noch Tickets zum “Supersparpreis” ergattern, wodurch die Fahrt sogar in der ersten Klasse günstiger war als die Fahrt mit dem Mietwagen. Erster Klasse fahre ich nur selten, in der Regel bin ich dafür zu geizig.
Ich war also gespannt. Wir hatten von Essen Borbeck bis Görlitz gebucht. Die erste Teilstrecke war die S-Bahn zum Hauptbahnhof. Wir waren extra früh dran und hätten sogar noch eine frühere S-Bahn nehmen können, aber die war so voll, dass wir uns mit unseren Koffern nicht auch noch da reinquetschen wollten. Dieser Zug hatte knapp 10 Minuten Verspätung. Der nächste sollte 20 Minuten später (also eigentlich nur noch 10 Minuten später) fahren. Sollte, denn zum Glück habe ich wegen der Verspätung auf bahn.de nachgeschaut und stellte fest, dass er ausfiel. Eine Durchsage gab es nicht! Da standen wir dann mit unseren Koffern und einer halben Stunde bis zur Abfahrt des ICE. Wir haben dann ein Taxi gerufen (20 Euro) und kamen noch gerade rechtzeitig an. Wegen der Zugbindung bei den günstigen Tickets wäre es sonst ziemlich teuer geworden.
Erste Klasse ICE ist wirklich deutlich angenehmer als in der zweiten Klasse, man hat ausreichend Platz und da wir in einen Ruhebereich reserviert hatten, war auch der Lärmpegel erträglich. Das hat natürlich diverse Mitreisende nicht davon abgehalten mit dem Handy zu telefonieren. Besonders das Telefon einer Dame klingelte gefühlt alle 5 Minuten.
In Berlin Tiefbahnhof war umsteigen in einen Regionalexpress nach Cottbus angesagt. Wir hatten genügend Zeit, so dass ich mir wenig Sorgen machte. Leider war ich da ein wenig zu optimistisch. Es gab Bauarbeiten auf der Strecke, so dass der Zug erst ab Westkreuz fuhr. Dorthin kommt man in der Umsteigezeit problemlos mit der S-Bahn… Wenn man davon weiß! Nur leider sah es die Bahn nicht als ihre Aufgabe an, ihre Kunden darüber zu informieren. Wir verdanken es einem Mitreisenden, der das im Internet gesehen und deshalb die Schaffnerin danach fragte, dass wir überhaupt von dieser Komplikation erfuhren. Es gab wieder keine Durchsage, weder im Zug noch auf dem Bahnsteig!
Immerhin verlief der Rest der Fahrt, inklusive des Umstiegs in Cottbus ohne weitere Komplikationen. Wir kamen pünktlich in Görlitz an und nahmen dort dann die Straßenbahn zu unserer Unterkunft.
Sicher, wenn wir mit dem Auto gefahren wären, hätten wir auch im Stau stehen können. Es hätte Umleitungen geben können und die stundenlange Fahrt wäre bestimmt etwas anstrengend gewesen. Aber es hätte nicht den Stress gegeben, einen Anschluss erreichen zu müssen. Wir hätten Pausen gemacht, wenn uns danach ist. Außerdem hätte uns vor Ort ein Fahrzeug für Ausflüge zur Verfügung gestanden.
Ich mache der Bahn keinen Vorwurf, dass die S-Bahn ausfiel (auch wenn sie der Betreiber der S-Bahn in Essen ist), technische Probleme treten nun mal auf. Auch die zusätzliche Fahrt in Berlin war nicht wirklich ein Problem. Was ich der Bahn vorwerfe ist schlechter Kundendienst. Information ist alles. Wir hatten das Ticket im Internet gebucht, dabei haben wir das Konto meiner Frau benutzt, die seit Jahren eine Bahncard hat. In diesem Konto ist eine E-Mail-Adresse hinterlegt. Die Bahn hätte also die Information gehabt, dass wir diese Verbindung zu diesen Zeitpunkt benutzen wollten (Zugbindung!), und auch eine Kontaktmöglichkeit, um uns zumindest über die Änderung in Berlin zu informieren. Sie hat es nicht getan. Auch im Zug gab es einen langen Vortrag über einen anderen Anschlusszug, aber nichts über diesen. Es war reines Glück, dass wir davon erfuhren.
Eine ähnliche Erfahrung haben wir bei einer Reise nach Basel letztes Jahr gemacht. Auch da fielen zwei Verbindungen aus und wir haben nur durch Zufall davon erfahren.
So geht Kundenservice bei der Deutschen Bahn.
Ich sagte bereits, dass ich alles andere als ein überzeugter Bahnfahrer bin. Ich fahre selten, aber mindestens bei jeder zweiten Fahrt geht irgendwas schief. Soll ich wirklich glauben, dass ich einfach nur großes Pech habe?
Und dass es für zwei Personen in der Regel günstiger ist, einen Mietwagen zu nehmen als mit der Bahn zu fahren, kommt noch oben drauf. Trotzdem würde ich eher mit der Bahn oder allgemein dem ÖPNV fahren, wenn das denn zuverlässig und halbwegs bequem wäre. Aber das ist es eben nicht.
Unsere Politiker diskutieren gerade (wieder) über das ÖPNV-Ticket zum Jahrespreis von 365 Euro oder gar kostenlosen ÖPNV. Das geht nur leider komplett am Problem vorbei. Auch einen kostenlosen ÖPNV würde ich nur selten benutzen, solange er unzuverlässig, überlastet und unbequem ist. Guter ÖPNV darf (muss) etwas kosten.